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Historische Festspiele in Altdorf b. Nürnberg
27.06. - 27.07.2025

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00:00 / 02:38

Gesprochen von Lisa Heim

bei Nürnberg, 1640

 

An meine geliebte Mutter,

 

Ich weiß nicht, ob dieser Brief dich jemals erreicht, doch ich schreibe ihn dennoch. Vielleicht nur, um mich daran zu erinnern, dass ich einmal jemand war. Dass ich einmal eine Tochter war, eine Schwester, ein Mensch mit einem Namen – bevor sie mir alles genommen haben.

 

Ich bin noch am Leben, doch ich weiß nicht, wie lange noch. Seitdem sie mich für vogelfrei erklärten, ist mein Leben nichts als Flucht. Kein Dach, das mich schützt, kein Feuer, das mich wärmt, keine Tür, die sich für mich öffnet. Wohin ich auch gehe, man jagt mich fort wie ein räudiges Tier. Sie nennen mich eine Diebin, eine Hure, eine Hexe – sie brauchen keinen Grund, mich zu hassen. Es reicht, dass ich lebe.

 

Ich schlafe in Wäldern, in Ruinen, in verlassenen Hütten, wenn das Glück mir hold ist. Ich esse, was ich finde, oder was ich stehlen kann, denn wer gibt schon einer Geächteten ein Stück Brot? Manchmal schließen sich mir andere an – Männer, die den Krieg überlebt haben, aber nicht zurückkehren können, Frauen, die vor schlimmerem Schrecken flohen. Wir teilen, was wir haben, doch es ist nie genug.

 

Wenn Soldaten kommen, verstecken wir uns, denn wir wissen, was sie mit Frauen wie mir tun. Wenn Bauern mich entdecken, schlagen sie mich mit Stöcken und Steinen, als wäre ich der Teufel selbst. Ich habe gelernt, mich im Schatten zu bewegen, stumm zu sein wie die Nacht, nicht aufzufallen. Aber ich bin müde, Mutter. So müde.

 

Ich erinnere mich an unser Haus, an deine warme Suppe, an die Abende, an denen du mir Geschichten erzählt hast. Manchmal frage ich mich, ob es das wirklich gab oder ob es nur ein Traum war, der längst verblasst ist. Ich wünschte, ich könnte zurückkehren, mich in deine Arme flüchten, nur für einen Moment glauben, dass die Welt noch in Ordnung ist.

 

Doch ich weiß, dass das nicht geht. Ich weiß, dass, wenn sie mich finden, es schnell gehen wird. Ein Strick, ein Baum, und niemand wird nach mir fragen. Eine Geächtete hat keine Zukunft. Aber solange ich noch atme, will ich nicht vergessen, dass ich einmal deine Tochter war.

 

Falls du betest, bete für mich. Falls du mich liebst, vergiss mich nicht.

 

Deine Lisbeth

Hinweis: Die fiktiven Briefe und Bildelemente wurden mithilfe von KI erstellt und anschließend kuratiert.

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