
Historische Festspiele in Altdorf b. Nürnberg
27.06. - 27.07.2025

Gesprochen von Dr. Peter Wack
Nürnberg, 1639
An meinen Bruder Johann,
Ich schreibe dir aus unserem Feldlager nahe Nürnberg, wo die Armeen lagern wie hungrige Wölfe, wartend auf die nächste Schlacht. Doch mein Krieg findet nicht auf dem Schlachtfeld statt – mein Krieg beginnt erst, wenn das Morden vorbei ist, wenn die Verwundeten hereingeschleppt werden, einer nach dem anderen, blutend, schreiend, oft schon halb tot.
Mein Alltag ist nichts als Schmerz, Dreck und der Gestank von Fäulnis. Ich wache mit den ersten Schreien auf und arbeite, bis mir die Augen zufallen, doch selbst im Schlaf höre ich noch die Stimmen der Sterbenden. Ich sehe Männer, die mit klaffenden Wunden hereingebracht werden, Arme, die nur noch an Sehnen hängen, Beine, die von Kanonenkugeln zerfetzt wurden. Und ich muss entscheiden: Wen rette ich? Wen lasse ich sterben?
Oft bleibt keine Wahl. Wenn eine Wunde zu tief ist, wenn das Fieber zu hoch steigt, bleibt mir nur noch das Gebet. Ich habe so viele verloren, Johann. So viele, die um ihre Mutter riefen, um ihre Frauen, um ihre Kinder – doch niemand kommt, niemand hört sie außer mir. Und ich kann ihnen nicht helfen.
Am schlimmsten ist der Gestank. Der Gestank von Blut, von Eiter, von Fleisch, das schon am lebendigen Leib verrottet. Die Pest geht um, das Lagerfieber frisst mehr Männer, als die Kugeln es tun. Ich habe Amputationen vorgenommen, Dutzende, Hunderte, manchmal ohne genug Branntwein, um sie zu betäuben. Ich halte das glühende Eisen an Wunden, um das Blut zu stillen, und sehe, wie Männer vor Schmerzen ohnmächtig werden oder sterben, noch bevor ich fertig bin.
Und doch gibt es Momente, in denen ich glaube, dass mein Tun nicht vergeblich ist. Wenn ein Soldat, den ich vor Wochen behandelt habe, humpelnd zu mir kommt und mir dankt. Wenn einer überlebt, der schon verloren schien. Aber es sind wenige. Zu wenige.
Ich frage mich oft, ob du mich noch erkennen würdest, Johann. Ich frage mich, ob ich mich selbst noch erkennen kann. Der Mann, der damals in Prag Medizin studierte, der hoffte, Kranke zu heilen und Leben zu retten – er ist nicht mehr derselbe. Dieser Krieg macht aus uns allen etwas anderes.
Möge Gott uns verzeihen für das, was wir tun. Und möge er dich beschützen, wo immer du bist.
Dein Bruder, Michael
Hinweis: Die fiktiven Briefe und Bildelemente wurden mithilfe von KI erstellt und anschließend kuratiert.


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